Montag, 7. Mai 2007

.Der Spiegel.

Sie stand vor ihrem Spiegel. Betrachtete sich von oben bis unten. Nackt, aber doch bekleidet. Schüchtern und doch frech. Ehrlich und zugleich falsch. Ängstlich und mutig. Freizügig, wiederrum doch hochverschlossen. Sie sah sich selbst in ihre wunderschönen Augen. Sie sah lange hin und ihr Kopf wurde frei. Plötzlich sah sie nicht mehr ihre Augen im Spiegel. Sie sah die eines anderen Menschens, sie sah einen komplett anderen Menschen. Sie sah Ihn. Sie konnte es nicht glauben. Sollte sie ihn wirklich wiedersehen? In ihrem Spiegelbild? Sie ging auf Ihn zu, auf Ihn und den Spiegel. Mit ausgestreckter Hand, gefesselt vom Bild dieses Mannes und voller entschlossenheit berührte sie den Spiegel, seine Hand. Sie stand nun auf einem Weg. Ein Weg, der von solcher Schönheit geprägt war, wie sie es sich nie hätte erträumen lassen. Ein Schritt nach dem anderen, langsam und mit genuss. Sie kam vor eine Tür. Die Tür war wundervoll verziert, mit Blumen. Allen möglichen Blumen. Gänseblümchen, Tulpen, Stiefmütterchen, Orchideen und Rosen. Alle diese Blumen waren in den unterschiedlichsten Farben vorhanden. Es sah nicht überladen aus, die Blumen waren so angeordnet, das die Tür ein bezauberndes Gesamtbild ergab. Zart den Türknauf berührend durchschritt sie die Tür. Alles was sie sah war eine Person, am Boden liegend. Die Blumen waren weg. Die wundervollen Wiesen nicht mehr vorhanden. Sie rannte zu dieser Person, denn ihr war bewusst, dass Er es war. Der Mensch, nachdem sie sich so lang sehnte. Als das Mädchen Ihn endlich erreicht hatte, sah sie, dass ein Messer tief in seinem Herzen steckte. Das Blut rang heraus und Er hatte die Augen nur noch leicht geöffnet. Sie verlor den halt und sackte zusammen. Seinen Kopf auf ihre Beine gelegt sagte sie ihm all das Ungesagte. Worte, die sie Ihm schon seit Jahren sagen wollte. Er sah sie an, diese Augen. Die Augen, die sie schon am ersten Tag ihrer begegnung verzauberten, sie waren voller Tränen. Das letzte was er sagte, bevor er sich auflöste war ihre Erlösung. Er verschwand allmählich, ihre letzten Worte zu seiner verschwindenden Gestalt... Ich liebe dich, ich habe dich schon immer geliebt und ich werde nie aufhören dich zu lieben. Er verschwand und Dunkelheit legte sich über ihr Gemüt. Sie weinte, weinte sehr lange. Eine Träne lief von der Wange zu ihrem Herzen herab und ihr wurde warm. Ein Gefühl, das sie lange vermisste. Sie hob ihren Kopf und was sie sah, kam ihr unglaublich vor. Hände, so viele Hände, die ihr ihre Hilfe anboten. Sie hob mit letzter Kraft ihren Arm, fasste zu. Im nächsten Augenblick stand sie wieder vor dem Spiegel und dieses Gefühl, was sie in diesem Moment hatte, verlor sie niewieder.